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14. IBK-Künstlerbegegnung in Schaffhausen: Mit engagiertem Theater Grenzen überwinden

26.09.2017

Die Stadt Schaffhausen hat mit der 14. IBK-Künstlerbegegnung einen lebendigen und tiefschürfenden Ausnahmezustand bei herrlichstem Wetter erlebt. Für drei Tage wurde die Altstadt zum Brennpunkt für Jugendtheater aus der Bodenseeregion. Mit dem vielseitigen Programm vom vergangenen Wochenende verwandelten sich Alltagsplätze in Bühnen. 23 Vorstellungen ganz im Sinne von „ÜBER SETZEN“ wurden gezeigt, denen jeweils zwischen 40 und 140 Personen beiwohnten.

An der Eröffnungsperformance der rund 50 jungen Menschen und 15 Theaterschaffenden aus dem Bodenseeraum strömten die Jugendtheatergruppen aus allen Gassen auf den Fronwagplatz, hoppelnd, mit roten Eimern oder Schwimmringen bestückt, mit trippelnden Schritten, schleichend, wild gestikulierend, schwimmend und über imaginäre Grenzen springend, mitten auf dem Platz die Mitglieder der Kommission Kultur der IBK, ausgestattet mit gold-glänzenden Buchstaben. Sie wurden mit einem witzig-surrealen bis poetisch anmutenden Flashmob vom jugendlichen Treiben umspült und im Handumdrehen ein Teil des Geschehens. Schliesslich stiegen die Goldbuchstaben zum Motto ÜBER SETZEN über die Dächer hinaus und leuchteten in der Abendsonne symbolisch für einen über Grenzen hinaus sicht- und wahrnehmbaren künstlerischen Dialog. Für diesen setzt sich die IBK mit den Künstlerbegegnungen ein. Regierungsrat und Kulturminister Christian Amsler, der den Kanton Schaffhausen in der IBK vertritt, eröffnete die diesjährige Künstlerbegegnung und würdigte das hohe Engagement der Mitwirkenden.

Am Samstag eroberten die Jungdarsteller/innen mit ihren eigens für diesen Anlass entwickelten Stücken bei schönstem Herbstwetter fünf Alltagsbühnen der Stadt – und die Herzen des Publikums. Alle Aufführungen begeisterten durch eine hohe Spielqualität und Präsenz der Schauspieler/innen und deren erfrischende Direktheit. Wer sich alle zehn Stücke anschaute, weiss: Unsere Jugend hat etwas zu sagen, mal laut, mal zart, aber immer deutlich und eindringlich – und dies erst noch mit grosser Lust.

Die Themen der Aufführungen zeigten: Die Jugend macht sich Gedanken zu grenzüberschreitenden, gesellschaftsrelevanten Themen und Phänomen. Das Theater Eukitea aus Augsburg, Bayern, und das Junge Landestheater aus Bregenz, Vorarlberg, berührten mit feinfühlig inszenierten, wahren Flüchtlingsgeschichten. Das Theater im Kiesel 42 aus Friedrichshafen, Baden-Württemberg, brachte das Publikum zuerst mit ihren Challenges zum Kreischen und liess es schliesslich durch einen (fiktiven) Facebook-Live-Stream mit dem ultimativen Challenge, dem Suizid vor laufender Kamera, betroffen verstummen. Aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden griff die Theatergruppe des Gymnasiums St. Antonius Appenzell eine schweizerische Eigenart auf: „Wir Schweizer sollten noch mehr bunkern.“ Doch die Geister des Alpsteins mit ihren (live gespielten) Alphornklängen schafften es, die Bergbauleute, die mittlerweile selbst nicht mehr wussten, warum sie im Untergrund was und wozu bunkerten, in den Sonnenschein hinauszuführen, damit sie wieder mit der Realität von heute und über einschränkende Grenzen hinaus in den Dialog kommen.

Die Jugend macht sich aber auch Gedanken zu sich selbst, zum Umgang mit Mitmenschen, zu ihrer unmittelbar bevorstehenden Zukunft und wie sie diese gestalten wollen: Das Junge Theater Liechtenstein aus Schaan fragte das Publikum, welche schmerzlichen Erfahrungen zurückgelassen werden müssen, damit ein Neubeginn gelingen kann, und bauten dazu mit Harassen ständig neue Kulissen. Das Theater Bilitz aus Weinfelden im Kanton Thurgau konfrontierte die Zuschauenden – zuerst als zwitschernde, schräge Vögel auftretend – mit der Frage „Was macht mich aus? Was ist einzigartig an mir und darum besonders liebenswert?“ Die Spielerinnen des LAB Junges Theater Zürich tauchten als ihre Avatare auf und versuchten in ihrem Game den nächsten Level zu erreichen, wohlwissend, dass sie für den Erfolg ihre Stärken gekonnt einsetzen müssen.

Und sie beschäftigt sich – ganz wie es sich für junge Menschen gehört – mit Grenzen aller Arten und deren Überwindung sowie der Gestaltung ihrer eigenen Welt: Der heimische jugendclub momoll theater Schaffhausen entführte das Publikum auf verspielte und interaktive Weise vom Rheinufer in andere Welten. Das Theater U21 aus St. Gallen, welches für die Kantone St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden anreiste, zeigte nur mit den Worten „Hey“, „He“ und „Hä“ den zuweilen konfliktreichen Dialog über aufgezeichnete Grenzen auf, die eigentlich ganz leicht weggewischt werden könnten. Das Theater Szenario aus Schaffhausen erzählte eine romantische Geschichte eines sprachlosen Paares mit Live-Musik und teilweise auf Rätoromanisch.

Am Sonntag gelang den Theatergruppen aus der Bodenseeregion dann das gewagte Experiment, innerhalb von vier Stunden eine gemeinsame halbstündige Schlussperformance in der Rhybadi auf die Beine zu stellen. Auf unterschiedlichen Wegen im Probeprozess entstand  ein vielseitiges Potpourri mit Eindrücken der 14. IBK-Künstlerbegegnung. Die Zuschauerränge wurden ebenso zur Bühne wie ein neun Quadratmeter grosses Floss, an welchem heranpaddelnde Flüchtlinge mit dem Song „Ich hab ein knallrotes Gummiboot“ willkommen geheissen wurden. Sämtliche Themen der Kurzstücke kamen in einer übersetzten Version noch einmal zum Vorschein. Die starke Botschaft des Finales war denn auch eindrücklich und unüberhörbar, obwohl sie fast ohne Worte übermittelt wurde: alle Jungdarsteller/innen bestiegen das wankende Floss und brachen gemeinsam auf zu neuen Ufern.

Die Projektleiterin Katrin Sauter mit ihrem Team, der Kulturbeauftragte des Kantons Schaffhausen Roland E. Hofer und Margrit Bürer, Leiterin des Amtes für Kultur des Kantons Appenzell Ausserrhoden und Vorsitzende der Kommission Kultur der IBK, blicken auf eine sehr erfolgreiche IBK-Künstlerbegegnung zurück. Eine Fülle von Themen und Stilmitteln rund um das vielschichtige Motto ÜBER SETZEN hätten die Jugendtheater mit ihren Theaterschaffenden für die 14. IBK-Künstlerbegegnung herausgeschält und so das Publikum auf vielseitige Weise tief berührt, bestens unterhalten, verzaubert und in andere Welten und ihre Sichtweisen entführt.

Weitere Informationen: www.ibk-kuenstlerbegegnung.org

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