Nein zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung
07.09.2011
Bei der Pauschalbesteuerung handelt es sich um eine besondere Besteuerungsart für in der Schweiz wohnhafte, nicht erwerbstätige ausländische Staatsangehörige. Diese wurde in der Schweiz vor rund 150 Jahren im Interesse des Tourismus und der Volkswirtschaft eingeführt. Sie gilt auch bei der direkten Bundessteuer. Neben fiskalischen Effekten hat sie vor allem erhebliche volkswirtschaftliche Auswirkungen. Aktuelle Studien schätzen, dass gesamtschweizerisch zwischen 20'000 und 30'000 Vollzeitstellen in direktem Zusammenhang mit der Pauschalbesteuerung stehen. Dies bewirkt Zusatzeinnahmen sowohl für die betroffenen Beschäftigten als auch für den Staat (Steuern und Sozialabgaben). Die Pauschalbesteuerung stellt daher einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor für das Gewerbe dar und trägt im internationalen Steuerwettbewerb erheblich zur Standortattraktivität der Schweiz bei. Ausländische Staaten kennen ähnliche Regelungen, was sich nur damit erklären lässt, dass diese ebenso um deren Nutzen für die Allgemeinheit wissen.
Was für die Schweiz insgesamt gilt, trifft im kleineren Massstab auch auf den Kanton Schaffhausen zu. Angesichts der grossen finanziellen Herausforderungen, mit denen sich der Kanton konfrontiert sieht, wäre es leichtfertig, freiwillig auf Steuereinnahmen zu verzichten, welche die Allgemeinheit in keiner Weise belasten, sondern ihr zugutekommen. Auch kleinere Beiträge an das Steuersubstrat zählen, ganz besonders jetzt. Nebst dem unmittelbaren finanziellen Schaden würde zudem das Ansehen des Kantons Schaffhausen bei potentiellen zukünftigen zahlungskräftigen Steuerzahlern Schaden nehmen, indem dieser das Etikett eines Kantons erhielte, der solchen Personen abweisend gegenüber steht. Ein gutes Image ist schnell zerstört, lässt sich aber nur sehr schwer und langsam wieder aufbauen, mit den entsprechenden Folgen für die Generierung neuen Steuersubstrats.
Deshalb ist die Initiative «Abschaffung der Pauschalsteuer» abzulehnen. Unstrittig ist, dass an der Pauschalbesteuerung Verbesserungen vorzunehmen sind. Mit dem Gegenvorschlag zur Initiative sollen darum die Voraussetzungen im Steuergesetz genauer definiert und verschärft werden. Damit wird die Pauschalbesteuerung zeitgemäss geregelt, ohne gewichtige Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aus dem Kanton zu vertreiben, wie das die Initiative in Kauf nimmt.
Anders als im Kanton Zürich kann nicht damit gerechnet werden, dass andere vermögende Steuerpflichtige in die Lücke springen werden, welche durch die wegziehenden Pauschalbesteuerten entsteht. Selbst im Kanton Zürich dürfte dies nicht vollständig der Fall sein, denn teilweise wird es sich bei den neu in die betreffenden Gemeinden zugezogenen «normal» besteuerten Steuerpflichtigen um solche gehandelt haben, die bereits vorher im Kanton Zürich, einfach in einer anderen Gemeinde, gelebt haben, womit von einem echten Ersatz für die weggefallenen Steuereinnahmen nicht gesprochen werden kann.
Der Kanton Schaffhausen hat 1956 mit der Abschaffung des damaligen Holdingprivilegs bereits einmal sehr nachteilige Erfahrungen gemacht, weil in der Folge die überwiegende Mehrheit der damals zahlreichen Holdinggesellschaften innert kürzester Zeit den Kanton verliessen. Steuerausfälle waren die Folge. Das ein paar Jahre später wieder eingeführte Holdingprivileg kam zu spät, der Schaden war angerichtet und eine Mitursache für den wirtschaftlichen Niedergang des Kantons Ende des letzten Jahrhunderts. Es wäre kurzsichtig, den gleichen Fehler wieder zu begehen, umso mehr, als der Bund und alle Kantone mit Ausnahme von Zürich die Pauschalbesteuerung nach wie vor kennen. Die Stimmberechtigten des Kantons Glarus haben an der Landsgemeinde vom 1. Mai 2011 und die Thurgauerinnen und Thurgauer in der Volksabstimmung vom 15. Mai 2011 die Abschaffung abgelehnt.
Liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, der Regierungsrat empfiehlt Ihnen aus den dargelegten Gründen mit dem Kantonsrat, die Initiative abzulehnen und der Änderung des Gesetzes über die direkten Steuern (Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Abschaffung der Pauschalsteuer») zuzustimmen.
Rosmarie Widmer Gysel, Regierungsrätin