Zusammen mit den Kantonen Aargau, Glarus, Thurgau, Schwyz, St. Gallen, Zug und Zürich der regionalen Konferenz des öffentlichen Verkehrs Zürich (KöV-Zürich) wehrt sich auch der Kanton Schaffhausen gegen die Einschränkung der kantonalen Kompetenzen und die Schwächung des Föderalismus. Deshalb lehnen die Kantone die geplanten Systemführerschaften des Bundes im öffentlichen Personenverkehr in der OBI-Vorlage ab. Der öffentliche Verkehr soll eine Verbundaufgabe bleiben, bei der die Besteller ihrem finanziellen Engagement entsprechend auch mitwirken können. Auch der Kanton Schaffhausen will in Zukunft die Gestaltung des öffentlichen Verkehrs in seinem Hoheitsgebiet mitbestimmen.
Mitte November verabschiedete der Bund die Botschaft zur Vorlage «Organisation der Bahninfrastruktur» (OBI) zuhanden des Bundesparlaments. Obwohl es sich dem Namen nach um eine Vorlage zur Bahninfrastruktur handelt, fügte der Bund auch sachfremde Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBG) in die Botschaft ein. So will der Bund im öffentlichen Personenverkehr Organisationen als sogenannte Systemführer einsetzen und diese mit weit reichenden Befugnissen für die gesamte Branche ausstatten. Unter anderem hätte ein solcher Systemführer die Kompetenz, schweizweit die Billettpreise festzusetzen oder das Billettsortiment zu bestimmen.
Gefahr eines Angebotsabbaus
Die Kantone tragen den überwiegenden Teil der ungedeckten Kosten im öffentlichen Verkehr, die nicht über Tarifeinnahmen finanziert sind. Im Rahmen der Mitwirkung in Tarifverbünden können die Kantone heute auf die Tarif- und Sortimentsgestaltung Einfluss nehmen und so die finanziellen Folgen für die öffentliche Hand beeinflussen. Ein Tarifdiktat eines Systemführers, wie es die Regelung des Bundes vorsieht, schränkt diesen Handlungsspielraum ein. Verlieren die Kantone die Möglichkeit, auf die eigenen Verbundtarife Einfluss zu nehmen, können sie die Höhe ihres Defizitbeitrags an den öffentlichen Verkehr nur noch über den Umfang des von ihnen bestellten Verkehrsangebots steuern. Dies bedeutet, dass bei einer angespannten finanziellen Lage des Kantons ein Abbau des Angebots und der öV-Qualität in den Regionen droht.
Finanzielles Risiko bei Kantonen und Gemeinden
Stossend ist der Umstand, dass ein vom Bund eingesetzter Systemführer finanzielle Entscheidungen zu Lasten der Kantone und Gemeinden fällen kann, ohne selbst für die Folgen verantwortlich zu sein. Heute bezahlen die Kantone und Gemeinden der Schweiz rund 2,3 Mia. Franken pro Jahr an die ungedeckten Kosten des öffentlichen Verkehrs. Den Orts- und Agglomerationsverkehr, wo nota bene mit Abstand die meisten Fahrten absolviert werden, decken die Kantone und Gemeinden alleine ab. Der Bund steuert 0,9 Mia. Franken an den Regionalverkehr bei. Das heisst, der Bund kommt insgesamt für weniger als 30 Prozent der durch den Betrieb des öV verursachten ungedeckten Kosten auf. Dennoch beansprucht er das alleinige Recht, Systemführer auszusuchen. Die Mehrkosten der Entscheidungen des Systemführers blieben jedoch zum grössten Teil bei den Kantonen und Gemeinden hängen, während ihre Handlungsmöglichkeiten zur Gestaltung des öffentlichen Verkehrs in ihrem Gebiet eingeschränkt werden.
Der Einbezug der Kantone muss gesichert bleiben
Die Gesetzesvorlage negiert nicht nur die Finanzverantwortung von Kanton und Gemeinden, sondern unterläuft auch die föderalistische Tradition und das Prinzip der Subsidiarität. Im Vernehmlassungsverfahren zu OBI hat der Bund jedoch alle Einwände und Vorschläge der überwiegenden Mehrheit der Kantone ignoriert. Die Gesetzesvorlage ist im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes zu unbestimmt und erklärungsbedürftig und stellt überdies auch keinen genügenden Rechtsschutz der Kantone sicher. Die Rolle der Besteller und die Finanzierungsmechanismen im öffentlichen Verkehr werden vom Bund missachtet. In dieser Form hat OBI das Potenzial, die bisher erfolgreich zusammenarbeitende und solidarische öV-Branche zu destabilisieren. Die Kantone Aargau, Glarus, Schaffhausen, Schwyz, St. Gallen, Thurgau, Zug und Zürich fordern daher, die vorgesehenen Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes zu streichen.