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Mehr Transparenz, bitte!

03.02.2020

Die Ankündigungen haben sich bewahrheitet: Inhaberaktien werden fast ausnahmslos abgeschafft. TEXT BARBARA EGGENBERGER, BILD ZVG

Das Parlament hat sich geeinigt: Um die OECD-Standards betreffend Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke einzuhalten, werden Inhaberaktien weitgehend abgeschafft. Dieser Entscheid hat Folgen.

Hat Ihr Unternehmen Inhaberaktien? Dann prüfen Sie jetzt, ob Handlungsbedarf be steht. Die Schweizer Inhaberaktie hatte seit gut 100 Jahren zwei bedeutende Vorteile gegenüber der Namenaktie: Die Anonymität des Aktionariats und die leichtere Übertragbarkeit der Aktien. Im Zuge von Empfehlungen der Group d'action financière (GAFI), einer internationalen Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung, büsste die Inhaberaktie diese Vorteile allerdings bereits im Jahr 2015 ein. Damals wurden Bestimmungen zur Offenlegung beziehungsweise Meldung der Inhaberaktionäre und der an den Aktien wirtschaftlich Berechtigten ins Gesellschaftsrecht aufgenommen. Was für GAFI noch knapp reichte, beurteilte das Global Forum für Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken bei seiner Länderüberprüfung hin­ sichtlich Transparenz bei Schweizer Gesellschaften mit Inhaberaktien als lediglich «teilweise konform». Es sprach diverse Empfehlungen zur Mängelbehebung aus. Als Folge dieses internationalen Drucks wurde das neue Bundesgesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke verabschiedet. Damit war auch das Grab für die meisten Inhaberaktien geschaufelt.

Keine Regel ohne Ausnahmen
Ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes, das heisst seit dem 1. November 2019, sind Inhaberaktien nur noch zulässig, wenn die Gesellschaft entweder an einer Börse kotiert ist oder die Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind, da für derartorganisierte Aktiengesellschaften bereits andere und viel strengere Transparenzvorschriften gelten. Ist eine der beiden genannten Voraussetzungen erfüllt, so ist ein Eintrag dieser Tatsache ins Handelsregister Pflicht. Alle anderen Gesellschaften müssen ihre Inhaberaktien in Namenaktien umwandeln. Da wohl nur ein kleiner Teil der rund 57 000 Schweizer Gesellschaften mit Inhaberaktien börsenkotiert ist oder die Aktien als Bucheffekten ausgestaltet hat, sind viele Tausend Gesellschaften von der Abschaffung der Inhaberaktien betroffen. Die Schaffhauser Traditionsbrauerei Falken hat bereits reagiert. Die Aktionäre stimmten anlässlich der Generalversammlung am 13. Dezember 2019 einer Umwandlung der Inhaberin Namenaktien zu. Die 1800 Inhaberaktien und 1200 Inhaber­Vorzugsaktien, beide nominal zu 500 Franken, wurden zu 3000 Namenaktien zu nominal 500 Franken.

Zwangsumwandlung
Die vom Gesetzgeber bereitgestellte Übergangsfrist zur Aktienumwandlung beträgt 18 Monate und dauert bis zum 30. April 2021. Bleibt eine Gesellschaft mit Inhaberaktien in diesem Zeitraum untätig, werden ihre Aktien nach Ablauf der Frist von Gesetzes wegen automatisch umgewandelt. Dieser Umstand mag im ersten Moment dazu verleiten, einfach nichts zu unternehmen, jedoch hat eine Umwandlung von Amtes wegen zur Folge, dass künftige Anmeldungen zur Eintragung von Statutenänderungen durch das Handelsregisteramt abgewiesen werden, solange die Statuten nicht an die Umwandlung angepasst sind. Es besteht also durchaus Handlungsbedarf. Übergangsfrist sinnvoll nutzen Unmittelbar nach der Umwandlung hat der Verwaltungsrat die Inhaber der umgewandelten Aktien in das neu zu erstellende Aktienbuch einzutragen. Dies darf er jedoch nur dann tun, wenn die Aktionäre ihrer seit dem 1. Juli 2015 bestehenden Meldepflicht nachgekommen sind. Gemeldet haben musste der Aktionär den Erwerb, seinen Namen und seine Adresse. Weiter mussten sich die Inhaberaktionäre durch Belege identifizieren. Für Aktionäre, die dieser Meldepflicht bisher nicht nachgekommen sind, wird der Weg ab dem 1. Mai 2021 beschwerlich. Nach Ablauf der Übergangsfrist können die säumigen Aktionäre ihre Meldung nämlich nicht einfach bei der Gesellschaft nachholen, sondern müssen ihre Eintragung in das neue Aktienbuch – in einer ziemlich mühsamen Prozedur – innert fünf Jahren beim Gericht beantragen und ihre Aktionärseigenschaft beweisen. Nach Ablauf der fünf Jahre werden die betroffenen Aktien von Gesetzes wegen nichtig, oder mit anderen Worten: wertlos und durch eigene Aktien der Gesellschaft ersetzt.

Um kostenaufwendige Gerichtsverfahren und schlimmstenfalls die Nichtigkeit der Aktien zu verhindern, sollte der Verwaltungsrat die Übergangsfrist ohne Zeitdruck dazu nutzen, das Verzeichnis der Inhaberaktionäre vor der Umwandlung auf Gesetzeskonformität zu prüfen und säumige Inhaberaktionäre auffordern, ihrer Meldepflicht nachzukommen. Für Inhaberaktionäre, deren Aktien ohne eigenes Verschulden nichtig geworden sind, gibt es Lichtblicke. Sie können bei der Gesellschaft innert zehn Jahren nach Eintritt der Nichtigkeit unter Nachweis ihrer Aktionärseigenschaft eine Entschädigung geltend machen. Wenn die Gesellschaft aber nicht über das notwendige frei verwendbare Eigenkapital verfügt, ist eine solche Entschädigung ausgeschlossen.

Handlungsbedarf für alle
Der Gesetzgeber hielt es für notwendig, neben den gesellschaftsrechtlichen auch noch strafrechtliche Sanktionen einzuführen. Neu wird mit Busse bis zu 10 000 Franken bestraft, wer vorsätzlich einer der gesetzlichen Meldepflichten nicht nachkommt oder die notwendigen Gesellschaftsbücher und Verzeichnisse nicht vorschriftsgemäss führt. Hatte zum Beispiel eine Aktiengesellschaft (AG) bisher zwar ein Aktienbuch, führte jedoch kein Register der wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen, so muss der Verwaltungsrat ab sofort mit einer Busse rechnen. Damit soll die Kritik des Global Forums adressiert werden, wonach in der Schweiz bislang keine klaren Konsequenzen für den Fall der Verletzung dieser Pflichten bestehen. Handlungsbedarf besteht also nicht nur für Gesellschaften mit Inhaberaktien. Auch GmbHs, AGs mit Namenaktien, Genossenschaften und Investmentgesellschaften mit variablem Kapital sind angehalten, ihre Anteilsbücher, Verzeichnisse und Meldungen zu prüfen. Ob die neuen Massnahmen letztlich zu mehr Transparenz führen werden bleibt fraglich. Auf jeden Fall steigern die nochmals verschärften Regeln die Chancen der Schweiz, bei der nächsten Länderprüfung durch das Global Forum Bestnoten zu erhalten.
 

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