Gibt es sie, oder gibt es sie nicht? Ein Lokaltermin zeigt: Die «semivirtuelle» Hochschule Schaffhausen hat auch einen ganz realen Teil. Wichtigstes Etappenziel ist die Akkreditierung als erste private Hochschule der Schweiz.
Hat sie bloss einen Briefkasten am Gebäude des Strassenverkehrsamts, oder wird da im 3. Stock auch gelesen und gelehrt, gebüffelt und geprüft? Die Rede ist von der Hochschule Schaffhausen HSSH. Ist es an der Rheinstrasse 10 nicht verdächtig still? Zeit für eine Spurensuche – und einen Augenschein vor Ort.
«Die Hochschule Schaffhausen hat sich gegenüber dem Kanton Schaffhausen verpflichtet, alles zu tun, um die Akkreditierung gemäss dem Hochschulförderungs- und koordinationsgesetz (HFKG) zu erlangen», sagt Regierungsrat Ernst Landolt, der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements. Die Leistungsvereinbarung umfasse drei Phasen: Als Erstes die Akkreditierung für Lehrgänge mit Bachelor- und Masterabschluss, gefördert vom Kanton mit einer Million und vom Bund mit 500 000 Franken, verteilt auf fünf Jahre, mit der Verpflichtung, zwei Modellklassen zu führen. «Erst wenn die Akkreditierung erteilt worden ist, stellt der Kanton in einem nächsten Schritt maximal 500 000 Franken für die Entwicklung von technischnaturwissenschaftlichen Kursen bereit, pro Kurs 100 000.»
Drittens zahlt der Kanton höchstens eine Million Franken an die Durchführung von «Tailormade-Lehrgängen», die auf die Bedürfnisse der Schaffhauser Industrieunternehmen zugeschnitten sind. Man zählt auf die Kooperation der hier ansässigen grossen Firmen und erwartet Synergieeffekte. «Ausser dieser finanziellen Starthilfe gibt es vonseitendes Kantons nichts. Die Unterrichtsräume werden zu marktüblichen Preisen von der HSSH gemietet», so Landolt.
Weg zur Schweizer Anerkennung
«Wir sind eine eigenständige Hochschule», hält Sabine Büchner-Brauns, die Leiterin der HSSH-Studierendenkanzlei, fest. «Unser Akkreditierungsverfahren in der Schweiz läuft, im Herbst 2019 haben wir wieder zwei kleine, ‹Kohorten› genannte Klassen gestartet, als berufsbegleitende akademische Ausbildung. Schweizer Studierende warten mit der Immatrikulation aber, bis wir die Schweizer Akkreditierung haben.» Das Studienkonzept sei «semivirtuell», eine Kombination aus virtuellen Phasen und intensivem Präsenzunterricht – pro Semester fünf Module mit je einer Präsenzphase in Schaffhausen am Ende jedes Moduls. «Die Prüfungen variieren, sie sind teils schriftlich, teils mündlich – virtuell via Skype oder real Aug’ in Auge.» Die Studierenden kommen aus der Gegend München–Salzburg, dort wird der Lehrgang Master of Business Administration (MBA) nicht angeboten.
«Unser grosses Ziel ist es, die Schweizer Akkreditierung zu erreichen», sagt Christian Werner, der Rektor der HSSH. «Wir sind die erste private Hochschule, die dieses Verfahren in der Schweiz durchläuft. Die grösste Hürde dabei ist die Zulassung selber. Wir steigen mit positiver Grundstimmung ein, und die Vorarbeiten sind gut erledigt – aus meiner Sicht sollte es längstens noch zwei Jahre dauern.» Vor drei Wochen habe die HSSH mit ihrer Agentur Acquin das Gesuch lanciert, Ende März werde eine Sitzung stattfinden, danach könne das Verfahren starten. Es werde sich jedoch hinziehen: «Es ist zweistufig und umfasst eine interne Qualitätssicherung: Erstens werden die Voraussetzungen geprüft, zweitens findet eine Begehung vor Ort statt», so Werner.
Seit fünf Jahren arbeitet die HSSH auf die Akkreditierung hin. «Finanziell ungünstig in dieser Phase ist die Entwicklungsarbeit der Kurse. Die Leistungsvereinbarung mit dem Kanton Schaffhausen ist eine Starthilfe, ein Beitrag an die Betriebskosten unserer zwei kleinen Kohorten.» Wenn man seriös vorausplane, müsse man bei deutschen privaten Hochschulen mit den «berühmten sieben Jahren bis zum Break-even» rechnen, bis man die kritische Grösse erreicht habe, die es erlaubt, den Betrieb wirtschaftlich zu führen.
Hochschule mit Hand und Fuss
Urs Scherrer, Lehrbeauftragter für Privatrecht mit Schwerpunkt Sport an der Uni Zürich, heute Dozent an der HSSH, brachte als Herausgeber von «Causa Sport», der «Sport-Zeitschrift für nationales und internationales Recht sowie für Wirtschaft», zwei Professoren zusammen: den Fussballmanagement-Experten Christian Werner und den Handballaficionado Giorgio Behr. Sie lancierten gemeinsam dieses Hochschulprojekt, das erste private in der Schweiz. «Die HSSH soll als Campus wissenschaftliche Forschungsarbeit leisten – und die Industrie der Region Schaffhausen im Fokus haben», fasst Scherrer zusammen. «Vor der Präsenzphase in Schaffhausen wird im virtuellen Klassenzimmer der Grundstock aufgebaut, der hier vertieft wird», sagt eine junge Dozentin für Biologie und Psychologie aus Salzburg, die im Hotel Rüden übernachtet.
«Die Präsenzphase Freitag/Samstag ist perfekt. Man schickt Fragen im Voraus und investiert nur einen Arbeitstag, das lässt sich berufsbegleitend gut verbinden», sagt ein junger Mann aus einer Beratungsagentur für Profifussballer in München, der im «Kronenhof» schläft.
«Ich schätze den Austausch und das Lernen in der Gruppe, schön ist auch der Altersunterschied in der Kohorte», sagt eine Mediatorin aus dem sozialen Bereich in Rosenheim, deren Eltern in Ravensburg wohnen, wo sie übernachtet: Bastien Brodard, Leiter ad interim der Geschäftsstelle des Schweizerischen Akkreditierungsrats, bestätigt auf Anfrage der SN den Sitzungstermin der HSSH von Ende März: «Die Marschtabelle einer Akkreditierung hängt ab von der Hochschule und ihrer Agentur. Diese bereitet die Unterlagen vor und präsentiert sie dem Akkreditierungsrat an einer seiner vier jährlichen Sitzungen.»